Genau wie Sprache, verändert sich auch die Bildsprache einer Kultur mit der Zeit fließend.
Abhängig von kulturellem Einfluss, gesellschaftlichen Stimmungen, wirtschaftlichem Zustand
von Märkten und der Sättigung von bestimmten Branchen.

Zugegeben, die Architekturfotografie gilt nicht als besonders trendanfällig.
Es ist selten, dass es DIE neue Technik gibt, oder DEN neuen Bildlook, der alles dominiert.
Es lassen sich über die Jahre aber eindeutige Trends und Strömungen erkennen.

Schauen wir uns also 5 aktuelle Architekturfotografie Trends an.
Die meisten folgen einem uralten, menschlichen Bedürfnis, aber lest selbst.
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Trend #1
Architektur in der menschlichen Interaktion

Architektur wird von Menschen gemacht.
Architektur wird vorallem für Menschen gemacht.

Architekten, Stadtplaner und Interior Designer denken nicht mehr nur in Funktion, Preis und Materialien.
Heute sind die Fragen eher, wie bewegt sich der Mensch, wie interagiert er und wie wirkt die Architektur auf ihn.

Umso spannender ist die bildliche Darstellung von dieser Interaktion zwischen Mensch und Gebäude.
Anfang der 2000er waren Architekturfotograf*innen noch stolz, mit Photoshop Tricks und ND Filtern Menschen
aus Ihren Bildern „entfernen“ zu können. Man wollte nur die pure Architektur zeigen.
Möglichst steril, neutral, ohne Störer.

Die resultierenden Bilder wirkten oft surreal leer, ohne jegliches menschliches Element.
Diese Leere vermittelt den meisten Menschen unterbewusst ein unsicheres Gefühl. Sehen wir z.B. Bilder von einem
eigentlich belebten Platz ohne Passanten, wirkt dies ungewohnt und surreal. Wir assoziieren damit schon fast,
dass etwas nicht stimmen muss, da wir es nur aus Weltuntergangsfilmen kennen, oder wenn z.B. Lockdown ist.

Dabei ist der Wunsch nach menschlicher Interaktion doch in jedem Menschen tief verankert.
Dieser Wunsch nach menschlichen Elemeneten lässt sich bereits seit ein paar Jahren als eindeutiger Trend in der Architekturfotografie erkennen.

Die Architekturfotografie wird wieder menschlicher, nimmt Personen als Stilelement auf und will den Betrachtern zeigen, wie die Architektur benutzt wird.

Trend #2
Architektur im Kontext (der Bewegung)

Wer Architektur erfährt, erfährt sie immer im Kontext der Umgebung.
Ob bewusst oder unbewusst, ein Betrachter nimmt immer seine komplette Umgebung war.
Und setzt das Gesehene unweigerlich in den Kontext dieser Umgebung.

Als Architekturfotograf ist es die Aufgabe, diesen Kontext auch auf der zweidimensionalen
Ebene zu visualisieren. Gerade, weil wir die meiste Architektur oft nur durch Bilder erleben.

Auch hier haben sich viele Architekturfotograf*innen in den letzten Jahrzenten von den Möglichkeiten der
Tilt-Shift Objektive und digitalen Fachkameras verführen lassen.
Es war auf einmal möglich viel näher an die Gebäude heran zu gehen, den Bildausschnitt
nach oben zu kurbeln und somit störende Elemente drumherum zu umgehen.

Linien und Flächen wurden dabei bis zum Maximum gezerrt.
Vor allem im Hochformat war das auf einmal state of the art.
Das Ergebnis waren wieder surreal wirkende Bilder mit einer gewissen Leere und ohne jeglichen Kontext.

Diese Kontextlosigkeit kennen wir aus unserem Alltag ebenfalls nicht.
Wir wissen immer, wie wir an einen Ort gekommen sind, was wir auf dem Weg gesehen haben und was grob um uns herum passiert.
Unser Gehirn hat das fest verankerte Bedürfnis, Dinge und Orte in Kontext setzen und einordnen zu können.

Diesem Bedürfnis wollen wir auch auf Bildern nachgehen, indem das Auge nach bekannten Referenzpunkten sucht, um
Größe, Lage, Lichtstimmung und die Beziehung zu Umliegendem herstellen zu könnenAuch hier lässt sich eindeutig erkennen, dass Architekturfotograf*innen versuchen, diesen Kontext in die Architekturfotografie zu bringen und sie damit wieder etwas zu "vermenschlichen".

Für die Bildgestaltung ist das jedoch oft ein Problem, da es umso schwieriger wird, den Fokus auf die
Architektur zu lenken, je mehr Elemente im Bild sind.
Damit die Architektur im Kontextgewusel nicht unter geht, bedienen sich viele Architekturfotografen fotografischen Tricks.
So belichtet man z.B. bewusst etwas länger, um etwa vorbei fahrende Autos oder Menschen mit einer Bewegungsunschärfe unscharf darzustellen.

Das Resultat sieht meistens nicht nur cool aus, es lenkt den Blick auch wieder auf die statische Architektur, die im Fokus stehen soll.
Auch hier kommt wieder das urmenschliche Bedürfnis zum Tragen, dass der Blick auf Dinge wandert, die uns "Halt" und Kontext geben.

Diesen Bildlook sieht man vor allem bei Architektur und Gebäuden, welche in einer öffentlichen Raumwirkung dargestellt werden sollen.
Aber auch bei Interior- oder Immobilienaufnahmen wirken bewegte Elemente meist erfrischend und runden den Bildlook ab.

Trend #3
Top Down Drohnenfotografie

Und wieder spielt der Kontext eine Rolle.
Beziehungsweise die Beziehung und Dimension von mehreren Bauelementen zueinander.

Mit dem Aufkommen von Kameradrohnen und immer besseren und kleineren Kameras gehören Vogelperspektiven
seit ca. 10 Jahren zu fast jeder Architekturfotografie Produktion dazu.
Wo früher Helikopter nötig waren, können heute mit relativ wenig Aufwand Perspektiven
eingenommen werden, die die Architektur in Ihrer weiteren Umgebung zeigen.

Der obligatorische Drohnenshot gehört also schon seit mehr als 10 Jahren zu den „Trends“.

Die Top Down Perspektive hebt sich hiervon aber noch einmal ab.
Es ist meist die einzige Perspektive von oben, welche eine künstlerische 1-Punkt-Perspektive mit Symmetrien erlaubt.
Hierzu wird die Kamera der Drohne im 90° Winkel steil nach unten gerichtet, um alle horizontalen Linien parallel oder rechtwinklig darzustellen.

Architekten, Stadtplaner und Designer lieben diese Ansichten.
Kennen Sie diese Ansichten von Ihren Grundrissen und Architekturmodellen doch nur zu gut.
Aber auch Architekturfotograf*innen verwenden diese Ansicht gerne, da sie künstlerisch meist ansprechend ist und eine grafische Darstellung erlaubt.

Neben dem offensichtlichen „Coolness Faktor“ des Top Down Looks, lassen sich außerdem wieder Kontext und Dimensionen
von Gebäuden und Raum gut darstellen. So z.B. auf dem oberen Bild der Spielplatz eines Neubaus.

Diese Ansicht wird man also immer öfter in Bildersets sehen und zählt somit klar zu unseren Trends für die Architekturfotografie.

Trend #4
Mehr Natürlichkeit, auch in der Bildbearbeitung

In den letzten Jahren zeigt sich auch in Sachen Farben, Kontraste,  generell dem Bildlook eine leichte Trendumkehr.

Vor ca. 5 Jahren erreichte die Architekturfotografie, bzw. vielmehr die Bildbearbeitung in der Architekturfotografie
einen Zenit an Überspitzung und Perfektion, der sich seither umkehrt.
Fotograf*innen entdeckten in der Bildbearbeitung immer mehr Möglichkeiten mit verschiedenen Ebenen
und Blitzbelichtungen Kontrast- und Farblooks zu erzeugen.

So wurden Lichtspots gesetzt, wo keine Lampen waren, Fensterausblicke unnatürlich klar gestaltet und jede weiße Wand
wurde klinisch weiß bearbeitet, ohne jegliche Wärme, die z.B. ein Holzfußboden abstrahlt.
Alles in einem Wettbewerb, um sich mit dem eigenen Bildlook weiter abzusetzen.

Auch hier pendeln sich die Sehgewohnheiten jedoch wieder ein und wir Menschen
sehen am liebsten Bilder, die uns vertraut vorkommen und nicht auf den ersten Blick
„Das wurde doch bearbeitet“ schreien.

Unterbewusst sehnen wir uns zwar nach Perfektion, aber Perfektion, die wir auch kennen, keine unnatürliche, sterile Perfektion.
Darum sind Menschen erstmal skeptisch, wenn Werbefiguren zu schön sind, die Musterwohnung zu aufgeräumt.
Und eben auch, wenn wir merken, dass Räume und Gebäude zu perfekt, zu künstlich wirken.

Daher setzt sich aktuell der Trend fest, dass wieder mehr „Fehler“ in die Bilder kommen.
Wo noch vor kurzem z.B. jegliche Reflektionen aus Fenstern entfernt wurden, werden diese
lediglich noch minimiert, verbleiben aber im Bild.

Auch sogenannte „Color Casts“, also Farbreflektionen von Holzböden, dem Himmel oder Pflanzen, werden nicht mehr komplett entfernt.
Aus dem Alltag wissen wir, dass eine weiße Wand immer nur so weiß ist, wie das Licht, was sie trifft.
Die weiße Wand kann früh morgens kalt und blau wirken, Abends jedoch warm und orange, wenn sie von der untergehenden Sonne getroffen wird.

Die Fotografie und die Bildbearbeitung bewegen sich also weg von technischer Sterilität und hin zu einer Repräsentation eines menschenlichen Empfindens.

Die Bildbearbeitung in der Architekturfotografie folgt also aktuell dem Credo:
„Eine gute Bildbearbeitung ist eine, die man nicht sieht.“
Die Bilder sollen so natürlich wie möglich wirken und die Betrachter mit einem menschlichen Gefühl abholen.

Was keinesfalls bedeutet, dass Bilder so natürlich aus der Kamera kommen.
In der Praxis bedeutet das oft sogar mehr Aufwand. Bilder werden oft "perfekt" bearbeitet, um dann im zweiten Schritt die Bearbeitung wieder etwas zurück zu nehmen, damit alles natürlicher wirkt.

Auch für die meisten Kunden von Architekturfotograf*innen ist dieser Trend vorteilhaft.
Soll doch meist eine realistische Abbildung von Bauwerken oder Räumen angefertigt werden, die Betrachtern ein positives
Gefühl gibt, und der „Oh, das hab ich mir aber anders vorgestellt“-Moment vermieden werden.

Trend #5
Twilights

Das gute, alte Dämmerungsfoto.
Seit Jahrzehnten ein Highlight und auch heute noch sehr angesagt!

Natürlich sollte Architektur immer dann fotografiert werden, wenn sich die Lichtstimmung
auf das Gesamtkonzept der Darstellung am vorteilhaftesten auswirkt.
Das kann kurz vor Sonnenaufgang, zu voller Mittagsonne, an einem bedeckten Tag oder auch Nachts bei voller Beleuchtung sein.

Ein schöner Sonnenauf- oder Untergang übt auf uns Menschen, nicht nur auf die fotografierenden,
aber nochmal einen ganz besonderen Reiz aus.
Und auch die meisten Gebäude zeigen sich dann in einer einmaligen Lichtstimmung.

Der Trend, den ich dabei zunehmend beobachte, ist, dass Dämmerungsaufnahmen immer
„heller“ und freundlicher werden und kaum noch bei wirklich tiefer Nacht fotografiert werden.
Der Moment kurz nach Sonnenuntergang ist meist der perfekte Moment für Dämmerungsfotos.

Für ca. 5 Minuten sind Schatten und Lichter in einem seltenen Moment der Ausgeglichenheit
und das Dunkelblau des Himmels komplementiert das Orange der Beleuchtung.
Durch das flache Licht lassen sich außerdem feinste Details in Materialien und Flächen zeigen.

Keine Überraschung, aber der Twilight Shot wird zur Zeit immernoch in vielen Darstellungen der Aufmacher sein, um Emotionen zu schüren.

Zusammenfassung der Architekturfotografie Trends

Die aufmerksam Lesenden werden gemerkt haben, dass sich in der Architekturfotografie ein großer, allgemeiner Trend zeigt:

Die Architekturfotografie kommt wieder zur Natürlichkeit und Menschlichkeit zurück.

Künstliche Bildlooks, übertriebene Farben und Kontraste, sowie extrem gezerrte Perspektiven werden in der Zukunft immer weniger gefragt.
Was noch vor ein paar Jahren Ausdruck von technischer Raffinesse war, hat man sich schnell übergeguckt.
Das menschliche Auge sehnt sich doch nach Natürlichkeit, Menschlichkeit und Kontext.

Ob es um technische Dinge wie Farben, Perspektive oder Kontraste oder um den Inhalt geht, der Trend ist ganz klar erkennbar.
Er wird sich sicher auch noch die kommenden Jahre fortsetzen. Ich gehe davon aus, dass Architekturfotografie noch "lifestyliger" wird.
Sprich, noch mehr Menschen, mehr "Unperfektionen" und vielleicht sogar das bisher verbotene Spiel mit der Unschärfe.
In der Architekturfotografie bis vor kurzem ja ein großes Tabu.

Für anstehende Architekturfotografie Produktionen bedeutet das, dass wir mehr Menschen und menschliche Elemente sehen werden.
Eine durch das Bild laufende Person hier, ein aufgeklapptes Buch da, ein verwaschenes Auto , welches durch das Bild fährt dort, oder mehr Fokus auf warme Lichtstimmungen.
Kleine Accessoires oder die Wahl der richtigen Aufnahmezeit können hier schon einen großen Einfluss haben.

Als Fotograf beobachte ich solche Entwicklungen sehr positiv, da die Fotografie immer nur abbildet, was auch in der Gesellschaft gefragt ist.
Und ein bisschen mehr Menschlichkeit und Natürlichkeit wünschen wir uns doch alle.

Alex
von Architekturfotografie Bach
Hi,
ich bin Alex, Architekturfotograf aus Hamburg.

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Architekturfotograf Alex Bach
Danke, ich melde mich innerhalb von 24h zurück!
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